Ansprache unseres 1. Vorsitzenden Kamerad Rudi Steinhagen anlässlich der Einweihung unseres Clubhauses am 2. Juni 1957
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr André,
verehrte Ehrengäste, liebe Gäste, Sportkameradinnen und Sportkameraden.
Der Ruderclub Tegelort hat zur Einweihung seines Clubheimes herzlichst eingeladen und ich bin überrascht, dass unsere Einladung so eine große Anteilnahme hervorgerufen hat. Wir Tegelorter sind endlich froh, dass der Tag der Einweihung gekommen ist und unsere gemeinsame sonntägliche Aufbauarbeit in dem heutigen Tag würdige Krönung findet.
Haben doch meine Mitglieder weiblich sowie männlich seit dem August 1955 Sonntag für Sonntag mit wenigen durch die Winterwitterung bedingten Unterbrechungen gearbeitet, ein neues Clubheim zu schaffen, da der alte Aufenthaltsraum dem Anwachsen unserer Mitgliedszahl und damit verbundenen Ansprüchen nicht standhalten konnte und von der Baupolizei aus Sicherheitsgründen im Juli 1954 gesperrt wurde, so dass wir nur noch die untere Bootshalle benutzen durften. Diese Nachricht war für mich sehr niederschmetternd, da mein sportlicher Aufbau nunmehr völlig unmöglich wurde und wir gezwungen so oder so eine neue Stätte zu schaffen, um die Existenz unseres Clubs sicherzustellen. Die Einmütigkeit und bereitwillige Zusammenarbeit meiner Senioren gab mir neue Kraft und so entschlossen wir uns, im Herbst 1954 neue Räume möglichst massiv zu bauen unter der Voraussetzung, daß dieses Grundstück, welches damals noch Pachtgelände war, zu erwerben und zweitens, daß wir aus Totomitteln ein entsprechendes Darlehen erhalten. Unsere Verhandlungen waren von Erfolg gekrönt. Dank der großen Unterstützung unseres Berliner Regatta-Vereins, insbesondere Kam Wulf als 1. Vorsitzenden und der Anteilnahme unseres Geschäftsführers des Berliner Sportverbandes Herrn André erhielten wir anfangs 10.000 DM, welche noch 1 Jahr später auf 15.000 DM erhöht wurden. Und ich kann nicht umhin, beiden Institutionen für diese große Unterstützung hier an Ort und Stelle unseren ganz besonderen Dank auszusprechen.
Das Problem des Grundstückskaufes war wesentlich schwieriger. Wohl erklärte sich Herr Wilhelm Lemke aus Heiligensee bereit, dieses Grundstück gegen unser Eigentumsgelände in Tegelort (Bismarckstr.) einzutauschen, doch waren hier noch viele Probleme, die mir sehr viel Sorgen und Schwierigkeiten machten, zu klären. Es mussten die Hypothekenverhältnisse geklärt, die Hypothekengewinnabgabe bereinigt und das Pachtverhältnis mit unseren dortigen Pächtern sichergestellt werden. Das Grundstück in Tegelort (Bismarckstr.) war vor dem Krieg Eigentum des Ruder Club Nautilus. Dieser hatte aber durch mehrere Fliegerbomben im März 1943 sein schönes im Jahre 1933 erbaute Bootshaus mit dem gesamten Bootspark verloren und die wenigen Nautilaner, welche nach 1945 sich zusammengefunden hatten, fusionierten mit der ebenfalls an Zahl sehr kleinen Ruderer-Vereinigung Tegelort unter dem Namen und Flagge des Ruder Club Tegelort. Somit war also das dortige Grundstück Eigentum des Ruder Club Tegelort geworden mit seinen gesamten damals sehr undurchsichtigen und schwierigen Verhältnissen. Wie ich bereits erwähnte, mußten also zum Tausch die Hypothekenverhältnisse geklärt, ein Problem welches 1 Rechtanwalt fest 2 Jahre beschäftigte, da die Gläubiger aus Erbengemeinschaften bestanden, welche in ganz Deutschland Ost und West verstreut waren.
Wir lösten eine Hypothek in Höhe von 600 DM abzüglich Zinsen und nicht unerhebliche Rechtsanwaltskosten und die weitere Resthypothek übernahm entgegenkommenderweise Herr Wilhelm Lemke bzw. seine Tochter Frau Ingeborg Friedrich. An Hypothekengewinnabgabe mussten wir bis dato ca. 1.500 DM bezahlen und weitere niedrige Jahresbeiträge sind bis 1975 zu entrichten. Für den Tausch der Grundstücke mussten wir den Betrag von 1.600 DM Grunderwerbssteuer an das Finanzamt abführen, da dasselbe darin keinen Tausch, sondern einen Verkauf jedes einzelnen Grundstücks ersah. Ehe überhaupt mit dem Bau begonnen werden konnte, mußte also unsere Clubkasse den Betrag von rund 3.000 DM aufbringen. Von den vielen Behördengängen reden wir schon gar nicht. Dank des großen Vertrauens, welches Herr Wilhelm Lemke uns entgegengebracht hat, und seiner großzügigen Übernahme der Hypothek in Höhe von 1.500 DM gelang es uns nach und nach, ein Problem nach dem anderen zu klären, so daß wir ab 1. Januar 1957 grundbuchamtlich eingetragener Besitzer dieses Geländes von einer Größe von 2.450 qm sind.
Frau Ingeborg Friedrich und Herrn Wiilhelm Lemke möchte ich für dieses Vertrauen, welches wir niemals getrübt haben, und für das langjährige gute Pachtverhalten hier von dieser Stelle aus nochmals herzlichst danken.
Unser Bau selbst begann im August 1955 mit den Ausschachtungsarbeiten für den Keller und die Grundmauern. Nachdem in wiederholten Vorbesprechungen der endgültige Bauplan festgelegt worden war, übernahm die praktische technische Durchführung desselben unser Kamerad Werner Kaatz, welcher am Anfang durch Herrn Architekt Unruh unterstützt und beraten wurde, später aber allein den Aufbau und Materialbeschaffung durchführte. Ich möchte hiermit Herrn Architekt Unruh ebenfalls unseren herzlichsten Dank für seine Unterstützung sagen. Unsere Kameradinnen und Kameraden gingen mit großem Eifer an die Arbeit. Es wimmelte jeden Sonntag auf unserem Gelände; man konnte mit Recht von einem Bienenfleiß sprechen. Bereits nach 5 Sonntagen war der Keller fertig und die 80 cm tiefen und 40 cm breiten Betonfundamente errichtet, so daß nunmehr von einigen Kameraden mit geringer fachlicher Unterstützung die Maurerarbeiten in Angriff genommen werden konnten, die übrigen Mitglieder waren die Handlanger; Kalk und Wasser sowie Steine ertönten die Rufe von früh bis zum Einbruch der Dunkelheit. Am Anfang des Monats November nach 8 schweren arbeitsreichen Sonntagen war Richtfest. Dieser Tag ist mir in besonders harter Erinnerung…… von 16 Bindern wurden 13 Binder geschafft……um 15.00 Uhr ging die Richtkrone hoch und ab 16.00 Uhr saßen wir alle fröhlich vereint beim Richteschmaus und Rudererbecher das letzte Mal (es war Abschied) in unserem alten Clubraum. Wir machten das Haus noch winterfest und sahen mit Unruhe dem Frühjahr entgegen, um weiter zu schaffen. In der Zwischenzeit war auch das Totodarlehen um 5.000 DM erhöht worden und so konnten wir also mit neuem Mut an die Arbeit gehen. Verputzen der Wände, Einbau der Lichtanlage; Fenster und Türen wurden geliefert, Wasser eingebaut und der Gasanschluß gelegt sowie die Fußböden mit Beton versehen. Soweit reichte unser Geld und nun hätten wir die weiteren Arbeiten auf spätere Zeit verlegen müssen, wenn nicht eine große Hilfe uns zuteil geworden wäre aus der Selbsthilfeaktion des Berliner Sportes, einer Aktion die durch die Initiative unserer verehrten Frau Senatorin Kay ins Leben gerufen wurde. Durch das große Verständnis des Herrn André für unsere Situation kamen wir in den Genuß dieser Gelder. Ich bedaure, dass infolge der vielen internationalen sportlichen Veranstaltungen in Berlin Frau Senatorin Kay nicht persönlich anwesend sein kann, und daß es mir dadurch auch nicht möglich ist, unseren Dank für diese Hilfe auszusprechen. Ihnen aber verehrter Herr André sage ich nochmals unseren herzlichen Dank.
Kaum war die Tatsache bekannt, war unser Kamerad Kaatz schnell bei der Sache und innerhalb der letzten 8 Wochen wurden alle noch fehlenden Arbeiten zum Teil von Handwerksbetrieben, Malerarbeiten und Aufräumungsarbeiten aber von unseren Mitgliedern ausgeführt, so daß möglich wurde, diesen heutigen Tag als Tag der Einweihung festzulegen.
Wir haben also fast 2 Jahre an diesem Objekt gearbeitet. Über 12.000 Arbeitsstunden meiner Mitglieder wurden geleistet und an Geldern wurden aus der Clubkasse innerhalb dieser 2 Jahre rund 13.000 DM aufgebracht, so daß der Bau insgesamt 41.000 DM an Bargeld gekostet hat.
Ich sage allen meinen Mitgliedern für ihren großen Idealismus und fleißigen Arbeitseinsatz meinen aufrichtigen Dank und möchte auch den ungenannten Spendern für Sachwerte und Geldleistungen ebenfalls dankbar die Hand reichen. Unser aller Dank gilt aber unserem langjährigem Clubmitglied unserem Werner Kaatz. Wir wissen, was er für uns geleistet hat. Viel Ärger, Arbeitszeit und Verantwortung lag auf seinen Schultern. Trotz seines weiten Anmarschweges von der Wohnung zum Club, er wohnt in Friedenau, war er während der aktiven Bauzeit früh der Erste und abends der Letzte. Ich darf Dir im Namen des Clubs in Anerkennung Deiner Verdienste die Ehrenmitgliedschaft verleihen und die Ehrennadel überreichen. Unseren Kameraden Alfred Bartels und Gerhard Algner ist es mir vergönnt, die Ehrennadel zu überreichen für besondere Dienste und treue Mitgliedschaft. Auch unsere Damenabteilung soll nicht vergessen werden, denn auch hier wurde fleißig geschafft und wir Männer tatkräftig unterstützt. So möchte ich Dank besonders unserer Kameradin Else Bartels als Leiterin der Frauenabteilung aussprechen und die Ehrennadel überreichen. Ebenfalls unserer Kameradin Edith Haack und unserer Kameradin Erna Kaatz. Darüber hinaus werden auf Vorschlag der Senioren zur weiteren Festigung der Existenz des Ruder Clubs Tegelort nachfolgende junge Kameraden ……………. welche längere Zeit dem Club angehören und sich beim Bau besonders aktiv betätigt haben, zu Senioren ernannt.
Zum Abschluß meiner Ausführungen möchte ich Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, Herrn André, allen Ehrengästen und Anwesenden herzlichst danken für die große Anteilnahme an unserer heutigen Feierstunde. Besonderer Dank gilt der Presse für Ihre bisherige Pressenotizen. Da es mir infolge der heutigen starken Beanspruchung nicht möglich sein wird, in den Abendstunden, wenn die Boote zu Wasser gehen und die Mannschaften zur Heimfahrt rüsten, am Bootssteg gute Fahrt zu wünschen und unser so freudiges Hipp-Hurra auszubringen, möchte ich es hiermit tun mit der Bitte, noch recht lange bei uns zu weilen und einige frohe Stunden mit uns zu verleben. Ich bitte meine Kameradinnen und Kameraden, sich von den Plätzen zu erheben und unseren Gästen ein dreifaches donnerndes Hipp-Hipp-Hurra darzubringen.
Ich bitte nunmehr Herrn Bürgermeister Dünnebacke das Wort zu ergreifen, und unserem Hauswart Kamerad Lüdecke den Schlüssel des Hauses zu übergeben. Anschließend an die Worte des Herrn Bügermeisters haben sich Vertreter der befreundeten Vereine zu Wort gemeldet, um weitere Aufmerksamkeit wird daher herzlichst gebeten.
Nach Beendigung dieser Worte bitte ich unseren Kameraden Lüdecke, die Tore zu öffnen und unseren Gästen unser Heim der Kameradschaft und des Idealismus, unser Clubheim, zu zeigen.
Anmerkung von Manfred Rautenberg im Oktober 2004:
Die 'jungen' Kameraden, welche am 2. Juni 1957 zu Senioren ernannt wurden; waren:
Egon Bailleu Horst Bartels Wolfgang Ernst Dieter Hoppe Manfred Rautenberg Wolfgang Schwarz Hans Tegtmeier Olaf Thordsen Günter Voigt Karl-Heinz Zerwer |
Die Namen habe ich aus eigener Erinnerung heraus und anhand von vorhandenen Bildern aufgeführt.